Wie geht es weiter nach dem Brexit?

27.07.2016
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Im Akademie­zen­trum San­kel­mark kamen auf Ein­la­dung der Eu­ropa Union Flens­burg über 80 Men­schen zu­sam­men, um über die Fol­gen des Brexit zu dis­ku­tie­ren. Neben Schles­wig-Hol­steins Eu­ro­pa­par­la­men­tarier Rei­mer Böge (CDU) und Dr. Knut Roder von der Sheffield Hallam Uni­versity durfte ich für die kommu­nale Ebene das Podium ergänzen.

Reimer Böge verglich dabei den Brexit mit einer Scheidung: Eine schmutzige Schei­dung nütze nie­man­dem etwas. "Wir müssen das ohne Emo­tio­nen ver­handeln und werden auch keine Ro­sinen­pickerei zu­las­sen. Ich warne die bri­tischen Ver­hand­lungs­füh­rer vor Trickser­eien. Die Briten haben eine Ent­schei­dung gegen sich selbst und gegen die Zu­kunft ihrer jungen Ge­nera­tion getrof­fen. Ich hoffe, dass die jungen Men­schen daraus ge­lernt hat, dass es nicht reicht, in In­ter­net­foren zu klicken. Man muss auch physisch zu solchen Wahlen gehen. Sonst ent­scheiden andere.“, ist das Fazit von Reimer Böge MdEP nach  an­ge­regter Dis­kus­sion mit vielen prag­ma­tischen Bei­spielen im Sankel­marker Europa­gespräch.

„Großbritannien braucht Europa. Im Vorwege der Brexit-Entscheidung wurden die Menschen in einer Kampagne auch durch einflussreiche Medien belogen.“, ergänzte Dr. Knut Roder.

Unter den Gästen im Publikum war auch eine Flens­burgerin aus Nord­ir­land. Sie warnte davor, dass nach dem Brexit alte Wunden wieder auf­reißen könn­ten, weil das Er­ge­bnis auch zwischen Katho­liken (eher für einen Verbleib) und Pro­tes­tanten (eher für einen Aus­tritt) Differen­zen aufzeige.

Ich selbst konnte eine Freundin zitieren, die alsSozial­ar­beiterin in Wales arbeitet und die sich ge­meinsam mit anderen "Expats" (im Ausland arbeitende Fach­kräfte) mehr und mehr xenophobischen Äußerungen aus­gesetzt sieht. Man wähnt dort ja gut die Hälfte der Be­völkerung hinter sich. Und vor allem fühle sie sich jetzt "un­ge­wollt" und nicht mehr "zu­hause", denn jeder zweite auf der Straße hätte ja gegen sie ge­stimmt.

Meine Zweifel, ob der Brexit am Ende auch vollzogen wird, konnten im Ver­lauf der Diskus­sion nicht aus­geräumt werden. Der BBC zufolge sind 479 der Members of Parliament (MPs) für einen Verbleib in der EU, 158 sind dagegen. Das Parlament muss das Referendum aber offiziell beschließen, damit das Verfahren rechtskräftig gestartet wird. Diese Gewis­sens­frage kann für jeden Abge­ordneten individuell zur Heraus­for­der­ung werden.

Fazit: Das Thema wird uns noch lang be­schäf­tigen. Dabei, und da gebe ich Reimer Böge un­ein­ge­schränkt Recht, stehen genügend Themen an, um die es zu streiten wirklich lohnen würde. Ju­gend­ar­beits­losig­keit, Migration, be­waff­nete Kon­flikte. Mein Auf­ruf an die achtzig Teil­neh­mer am Ende der Ver­an­stal­tung wurde jeden­falls begrüßt: Es ist un­sere ge­mein­same Auf­gabe, Europa für alle greif­bar und be­greif­bar zu machen. Die Euro­päische Union ist die beste Grund­lage dafür.